Teilen und gemeinsam Haben
Was kann man nicht alles teilen. Geschichte, Erlebnisse, Urlaubsfotos, Verantwortung, … und nicht zu vergessen natürlich Mäntel. Der Martinstag erinnert uns, nebst Gänsebraten und Laternen, mit seiner Legende vom Heiligen Martin an den Begriff und vor allem auf den Umstand des Teilens.
Was hat sich also zugetragen? Legenden leben schließlich davon, dass sie erzählt werden. Ein römischer Soldat reitet an einem frierenden Bettler vorbei. Wahrscheinlich ist er schon durch viele Stadttore und an vielen Bettlern vorbeigeritten. Doch heute, an diesem kalten Tag, da schaut der Soldat nach unten und sieht den Bettler, wie er friert und just da – er kann nicht anders – teilt er seinen Mantel mit dem Schwert entzwei.
Schon die Asymmetrie des Höhenunterschieds von zu Ross Sitzendem und zu kaltem Boden Kauerndem hält die ganze Dramatik bereit. Und genau dieser Moment ist es auch, der uns an dieser Geschichte herausfordert. Denn egal welche Art von Lebensstandard wir individuell haben, an den Bettler im 4. Jahrhundert reichen wir in Armut nicht heran. Doch mit dem Soldaten können wir uns einfacher identifizieren. Also mit dem, der gibt bzw. der geben kann.
Es wäre leicht einen Appell des Teilens, einen Appell des Spendens aus der Geschichte abzuleiten. Die Oben geben denen Unten.
Doch ein weiterer Gedanke drängt sich auf. Heißt das Teilen nur das Abgeben von meinem Besitz oder ist es nicht vielmehr das Gemeinwerden mit dem Anderen, also Teilen gedacht als das gemeinsame Haben. Der Mantel kann zwar die Kälte vertreiben, doch das Gesehen werden, der Moment der Begegnung, die Unterbrechung des „Weiter so“ haben auch ihren Wert und zwar für beide.
Gedanken zum Martinstag von Janik Palm, Religionslehrer am Christlichen Gymnasium Jena