Preisverleihung für Schülerprojekt zum Jüdischen Friedhof in Gotha

Charlotte Weber vom Landeskirchenamt der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland hat heute den Werner-Sylten-Preis an die 9. Klasse der Evangelischen Regelschule Gotha und ihre Fachlehrerin Christiane Weinmann übergeben. Das Filmprojekt wurde mit dem 1. Preis in Höhe von 1.000 Euro ausgezeichnet.

IAD-Beitrag von Andrea Terstappen zur Projektarbeit der Schülerinnen und Schüler der Evangelischen Regelschule Gotha. Der Beitrag wurde auf Antenne Thüringen und Landeswelle Thüringen ausgestrahlt.

 

Aus Sicht der Jury, so Charlotte Weber, greift das Projekt „Jüdischer Friedhof“ mutig zwei Themenkomplexe auf, die für Jugendliche nicht leicht sind: Tod und Sterben sowie das christlich-jüdische Verhältnis. Das Projekt wirkt durch verschiedene Impulse in die Gesellschaft hinein. Die Beeinträchtigung durch die Corona-Pandemie hat die Schulgemeinschaft kreativ mit der Erstellung eines Abschlussfilms beantwortet.

Jüdisches Leben findet heute in Gotha nahezu nicht mehr statt. Spuren der Vergangenheit gilt es zu entdecken, um Zukunft zu gestalten – darin sieht die Evangelische Regelschule eine wichtige Aufgabe. Forschungsaufträge über jüdische Familien, die in Gotha lebten, gehören bereits seit mehreren Jahren zum regulären Plan des Religionsunterrichtes in der 7. Klasse. Im mit dem Werner-Sylten-Preis ausgezeichneten Projekt sind im Schuljahr 2019/2020 Schülerinnen und Schüler den Spuren auf dem jüdischen Friedhof nachgegangen. Dabei wurde fächerübergreifend gearbeitet, und am Ende entstand ein Film über die Spurensuche der Schülerinnen und Schüler und den jüdischen Friedhof. Damit wird der Friedhof als Ort des Gedenkens – als Denkmal – ins Bewusstsein geholt, der zuletzt in den Jahren 2004 und 2008 massiven Schändungen ausgesetzt war.

Im Rahmen der heutigen Preisverleihung würdigte Stiftungsvorstand Marco Eberl die Arbeit an den Stiftungsschulen: „Bildung ist mehr als reines Fachwissen. Gerade an den evangelischen Schulen wollen wir die gesamte Persönlichkeit der Heranwachsenden in den Blick nehmen und an den gesellschaftlichen Diskursen lernen und wachsen. Die Auseinandersetzung mit dem christlich-jüdischen Verhältnis in Vergangenheit und Gegenwart ist im Besonderen dazu geeignet, über eigene Erkenntnisse zu Einsichten und Wertvorstellungen zu gelangen. Deshalb bin ich der Landeskirche für ihre Initiative und der Schülergruppe unter Leitung von Christiane Weinmann sehr dankbar für dieses herausragende Engagement.“

Hintergrund:
Mit dem Beschluss der 2. Landessynode hat sich die Landeskirche verpflichtet, jeder Form von Antisemitismus zu widersprechen, in Lehre und Leben das religiöse Selbstverständnis des Judentums zu achten, für Religionsfreiheit einzustehen und der Entrechtung, Diskriminierung und Zerstörung jüdischen Lebens entgegenzutreten sowie den Reichtum der jüdischen Schriftauslegung wahrzunehmen und sich mit antijüdischen Interpretationen der Bibel auseinanderzusetzen. In der Folge wurde der Werner-Sylten-Preis ins Leben gerufen. Mit ihm werden Projekte ausgezeichnet, die die Selbstverpflichtung im Raum der Landeskirche umsetzen.

Werner Sylten war ein evangelischer Theologe, der 1936 wegen seiner jüdischen Abstammung aus dem Pfarrdienst entlassen wurde. Er half mit, das Leben von mehr als tausend „nichtarischen“ Christen zu retten. 1942 ermordeten ihn die Nazis. 1979 wurde ihm von der Gedenkstätte „Yad Vashem“ der Ehrentitel „Gerechter unter den Völkern“ verliehen.